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Top-Expertenforum Rechtsanwälte Felser, Brühl (bei Köln)


Michael W. Felser

Moderator dieser Themen-Site
Verrücktes: Kuriose Urteile

 

Auch Richter sind Menschen, die bisweilen etwas zu staunen oder zu lachen haben. Verkneifen müssen sie sich jedoch ein Grinsen, wenn Verhandlungen anstehen, in denen die Themen der Parteien eigentlich "zum Schießen" wären. Eine Auswahl kurioser Entscheidungen aus dem Jahr 2000: 

Partnerin nicht zu heftig schleudern: Wirbelt ein Hochzeitsgast eine Tanzpartnerin gegen ihren Willen so stark über das Parkett, dass beide aus einem Fenster stürzen, so muss der Tänzer sowohl für die Behandlungskosten der Frau aufkommen, als auch Schmerzensgeld zahlen (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 6 U 262/98).

 

Hypnotiseur muss "Fangnetze" installieren: Ein Hypnotiseur muss Schadensersatz leisten, wenn er im Rahmen einer Bühnenshow eine Zuschauerin so wirksam in Trance versetzt, dass die Frau "steif wie ein Brett" ohne jede Abwehrbewegung nach vorne auf den Steinfußboden aufschlägt. Für ihre Verletzungen erhielt sie 4300 DM an Schmerzensgeld. Der Hypnotiseur hätte wirksamere Vorkehrungen treffen müssen, um einen solchen Vorfall zu vermeiden (Amtsgericht Schwabach, I C 300/97).

 

Auch wortloser Anwalt darf fürs Sprechen berechnen: Auch ein Anwalt, der an einem Gerichtsverfahren "wortlos" teilnimmt, weil er, wie er sagt, "nichts zu sagen hat" oder sein Eingreifen nicht erforderlich war -, darf seinem Mandanten eine "Erörterungsgebühr" berechnen (Saarländisches Oberlandesgericht, 6 W 63/00-19).

 

Besen und Schrubber gehören nicht in die Zelle: Strafgefangene können von der Anstaltsleitung nicht verlangen, dass ihnen ein Stielbesen und ein Schrubber als "Grundausstattung" ihrer Haftzelle zur Verfügung gestellt werden. Eine "Analyse von Ausbrüchen und Ausbruchsversuchen aus Haftanstalten" hat ergeben, dass die Stiele solcher Reinigungsgeräte häufig als Hilfsmittel zur Flucht verwendet werden. Gefangene können sich jedoch Besen bei Bedarf holen (Oberlandesgericht Karlsruhe, 2 Ws 152/00).

 

Angstzustände bringen kein Schmerzensgeld: Hat ein Urlauber wegen eines am Ort wütenden Hurrikans Angstzustände, so kann er vom Reiseveranstalter kein Schmerzensgeld verlangen, weil er sich des "allgemeinen Lebensrisikos" an einem Ferienziel, wo häufiger solche Stürme auftreten, bewusst sein muss (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 16 U 227/99).

 

Beim Auszug vermieterfreundlich renovieren: Hat ein Mieter beim Auszug die Wohnung zu renovieren, so darf er beim Streichen der Tapeten keine Farben verwenden, die die "allgemeinen Geschmacksgrenzen überschreiten" (hier türkis, lila, schwarz und rot), sondern muss mit normalen Farben arbeiten, die dem Vermieter die Möglichkeit geben, die Wohnung problemlos weiterzuvermieten (Landgericht Berlin, 64 S 213/94)

 

Ein Junge darf auch "Birkenfeld" heißen: Eltern dürfen ihrem Jungen den Vornamen "Birkenfeld" geben, wenn ein zweiter Name angefügt ist, der das Geschlecht erkennen lässt. Hier setzte sich eine Mutter mit dem Mädchennamen Birkenfeld gegen den Standesbeamten durch und verwies auf den vorher schon erlaubten Namen "Garfield" (Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 20 W 190/94).

 

"Sekundenschlaf" bringt keine neue Verhandlung: Will ein Steuerzahler eine Wiederholung seines Verfahrens erreichen, weil ein Richter "zwar anwesend gewesen" sei, "aber der Verhandlung wegen Übermüdung" nicht habe folgen können, so muss er dafür "konkrete Tatsachen" vorweisen. Die Behauptung, ein Richter habe "teilnahmslos gewirkt" oder sei in einen "Sekundenschlaf” gefallen, reicht nicht aus (Bundesfinanzhof, VII R 88/ 99).

 

Erst bremsen, dann die Kaffeekanne retten: Rutscht eine Kaffeekanne vom Beifahrersitz eines Pkw unter das Bremspedal und versucht der Autofahrer, den Behälter während der Fahrt heraufzuholen, was mit einem Unfall endet, so hat er wegen grober Fahrlässigkeit keinen Anspruch aus seiner Vollkaskoversicherung. Er hätte zurückschalten und dann die Handbremse betätigen müssen (Oberlandesgericht Köln, 26 U 49/99).

 

Nur 35 von 100 Tauben bekommen eine Starterlaubnis: Ein Taubenliebhaber muss darauf achten, dass immer nur ein Teil seiner Tiere "losflattert" (hier wurden 35 von insgesamt 100 Tauben erlaubt), wenn Nachbarn durch den Flügelschlag gestört werden. Außerdem darf er die Vögel erst von jeweiligen zweiten Feiertagen an (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) auf Tour schicken. (Verwaltungsgericht Münster, 2 K 1412/99).

 

26 Stunden am Tag sind selbst bei Fleißigen zu viel: Wenn eine Kassenärztin angibt, besonders schnell zu arbeiten, und dass sie darüber hinaus Gespräche während der Untersuchungen der Patienten abwickele und beides nebeneinander abrechne, hat sie Honorar (hier: in Höhe von 297 000 DM) zurückzuzahlen, wenn sich aus ihren Abrechnungen eine Tagesarbeitszeit von 26 Stunden ergibt (Sozialgericht Dortmund, S 26 KA 73/99).

 

Siebenjähriger muss schadlos "rütteln" dürfen: Der Besitzer eines Kaugummiautomaten ist schadenersatzpflichtig, wenn er seine Geräte nicht regelmäßig auf "Standfestigkeit" prüft. Ein Kunde wurde verletzt, weil er für sein eingeworfenes Geld keine Ware bekam und am Automaten rüttelte, der daraufhin herunterfiel. Die Metallstützen waren durchgerostet. In dem Fall bekam der Siebenjährige 7000 DM Schmerzensgeld für einen versteiften Finger zugesprochen (Amtsgericht Frankfurt am Main, 29 C 219/00-69).

 

Bahnfahrer darf Familie nicht trennen: Schließt ein Straßenbahnfahrer die Türen und fährt ab, obwohl erkennbar war, dass eine Mutter mit zwei Kindern (von denen sie bereits eines in die Bahn gehoben hatte) mitfahren möchte, so kann er wegen Nötigung belangt werden (Amtsgericht Stuttgart, B 4 Ds 20Js 59054/ 97).

 

Kommune zahlt wegen Biss nach Stromschlag: Wegen einer unzureichend isolierten Straßenbeleuchtung hat ein Hund in einem Fall einen Stromschlag erlitten und "unter dem Eindruck seiner Verletzung" die Halterin in die Hände gebissen. Hier verpflichtete der Richter die Kommune, 1000 DM all die Verletzte zu zahlen (Landgericht Bückeburg, 2 O 277/96).

 

Von zwei Lesben mit Kind kann nur eine "Mutter" sein: Leben zwei lesbische Frauen elf Jahre zusammen und bekommt eine der beiden nach einer künstlichen Befruchtung ein Kind, das von beiden großgezogen wird, so hat nach der Trennung des Paares die ausgezogene Frau nicht das Umgangsrecht mit dem "gemeinsamen" Kind - auch wenn sie es "in erster Linie" versorgt hatte (Oberlandesgericht Hamm, 1 I UF 22/00).

 

Ein Bienenschwarm ist kein Grund zum Abreisen: Auch wenn eine Pauschalurlauberin an einer Bienenstich-Allergie leidet, ist sie nicht berechtigt, ihren Urlaub auf Kosten des Reiseveranstalters abzubrechen, wenn am Ferienort ein Bienenschwarm nach drei Stunden wieder eingesammelt werden konnte - auch wenn sie mehrfach gestochen wurde. Die "Störung" des Urlaubs ist als "Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos" zu werten (Landgericht Frankfurt am Main, 2/24 S 433/98).

 

In den Park pinkeln kann teuer werden: Wer in einer öffentlichen Parkanlage seine Notdurft verrichtet, der kann mit einem Bußgeld (hier: 75 DM, nach der Verhandlung durch das Gericht: 100 DM plus Prozesskosten) belegt werden. Da hilft auch nicht, zur Verteidigung anzubringen, dass "das doch jeder macht" (Amtsgericht Düsseldorf, 302 OWi 013 Js 1047/00).

 

HaIbe-halbe, wenn einer standhaft lügt: Behaupten zwei Autofahrer, die mit ihren Fahrzeugen zusammengestoßen sind, dass der Unfall durch Auffahren (so der vordere) beziehungsweise durch Zurücksetzen (so der hintere )passiert ist, und sagt auch jeweils ein Zeuge entsprechend aus, so haben sich die Kontrahenten den Schaden zu teilen (mit der Folge, dass auch jeder die Hälfte des Schadens am anderen Auto zu tragen hat und in der Haftpflichtversicherung zurückgestuft wird (Landgericht Detmold, 2 S 19/99).

 

Für Beifahrer-Fenstersturz haftet auch der Fahrer: Lehnt sich der Beifahrer eines Autofahrers während der Fahrt so weit aus dem Fenster, dass er schließlich hinausstürzt, so haftet auch der Fahrer (bzw. seine Kfz-Haftpflichtversicherung) für die Verletzungsfolgen zu 50 Prozent, weil er in einer solchen Situation sein Fahrzeug sofort hätte abbremsen müssen (Oberlandesgericht Karlsruhe, 10 U 24/98).

 

Im Wildgehege muss man mit wilden Tieren rechnen: Wer in einem Wildpark Hirsche nicht wie auf den Futtertüten vermerkt an den gekennzeichneten Stellen füttert, sondern auf den Besucherwegen, der hat keinen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen den Tierparkbesitzer, wenn ein Hirsch den Besucher attackiert und verletzt (hier: Prellungen an Hand und Brustkorb ) (Landgericht Coburg, 12 C 489/99).

 

Toilettenpause auf dem Weg zur Arbeit ist versichert: Arbeitnehmer, die auf dem Weg von der Arbeit wegen ihrer "drängenden" Blase die Fahrt unterbrechen und in einer Grünanlage ihre Notdurft verrichten, sind dabei gesetzlich unfallversichert, wenn sie "durch die Beschaffenheit der Örtlichkeit einer besonderen Gefahrenquelle" ausgesetzt sind (was hier für einen Sturz Folge: Armbruch bejaht wurde) (Sozialgericht Gelsenkirchen, S 10 U 256/98).

 

Bei sexuellen Vorlieben ist jeder sein eigener Chef: Auch wenn ein Arbeitnehmer in einer Talkshow auftritt und sich als Sado-Maso-Fan outet, so können seine sexuellen Vorlieben kein Grund für den Arbeitgeber sein, die Kündigung auszusprechen (Arbeitsgericht Berlin, 36 Ca 30545/98).

 

Überschwemmt der Hund das Klo, muss das Herrchen zahlen: Verlässt ein Hundebesitzer für kurze Zeit seine Wohnung und sperrt er seinen Vierbeiner im Badezimmer ein, so kann das Herrchen keinen Schadenersatz von seiner Hausratversicherung verlangen, wenn es dem Hund gelingt, Toilettenpapier ins Klo zu stopfen und so oft die Spülung zu betätigen, dass die Wohnung überschwemmt wird (Landgericht Hannover, 19 S 1986/99).

 

 

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