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Verrücktes:
Kuriose Urteile
Auch
Richter sind Menschen, die bisweilen etwas zu staunen
oder zu lachen haben. Verkneifen müssen sie sich jedoch
ein Grinsen, wenn Verhandlungen anstehen, in denen die
Themen der Parteien eigentlich "zum Schießen"
wären. Eine Auswahl kurioser Entscheidungen aus dem
Jahr 2000: |
Partnerin
nicht zu heftig schleudern:
Wirbelt ein Hochzeitsgast eine Tanzpartnerin gegen ihren
Willen so stark über das Parkett, dass beide aus einem
Fenster stürzen, so muss der Tänzer sowohl für die
Behandlungskosten der Frau aufkommen, als auch
Schmerzensgeld zahlen (Hanseatisches Oberlandesgericht
Hamburg, 6 U 262/98).
Hypnotiseur
muss "Fangnetze" installieren:
Ein Hypnotiseur muss Schadensersatz leisten, wenn er im
Rahmen einer Bühnenshow eine Zuschauerin so wirksam in
Trance versetzt, dass die Frau "steif wie ein
Brett" ohne jede Abwehrbewegung nach vorne auf den
Steinfußboden aufschlägt. Für ihre Verletzungen
erhielt sie 4300 DM an Schmerzensgeld. Der Hypnotiseur hätte
wirksamere Vorkehrungen treffen müssen, um einen
solchen Vorfall zu vermeiden (Amtsgericht Schwabach, I C
300/97).
Auch
wortloser Anwalt darf fürs Sprechen berechnen:
Auch ein Anwalt, der an einem Gerichtsverfahren
"wortlos" teilnimmt, weil er, wie er sagt,
"nichts zu sagen hat" oder sein Eingreifen
nicht erforderlich war -, darf seinem Mandanten eine
"Erörterungsgebühr" berechnen (Saarländisches
Oberlandesgericht, 6 W 63/00-19).
Besen und
Schrubber gehören nicht in die Zelle:
Strafgefangene können von der Anstaltsleitung nicht
verlangen, dass ihnen ein Stielbesen und ein Schrubber
als "Grundausstattung" ihrer Haftzelle zur
Verfügung gestellt werden. Eine "Analyse von Ausbrüchen
und Ausbruchsversuchen aus Haftanstalten" hat
ergeben, dass die Stiele solcher Reinigungsgeräte häufig
als Hilfsmittel zur Flucht verwendet werden. Gefangene können
sich jedoch Besen bei Bedarf holen (Oberlandesgericht
Karlsruhe, 2 Ws 152/00).
Angstzustände
bringen kein Schmerzensgeld:
Hat ein Urlauber wegen eines am Ort wütenden Hurrikans
Angstzustände, so kann er vom Reiseveranstalter kein
Schmerzensgeld verlangen, weil er sich des
"allgemeinen Lebensrisikos" an einem
Ferienziel, wo häufiger solche Stürme auftreten,
bewusst sein muss (Oberlandesgericht Frankfurt am Main,
16 U 227/99).
Beim
Auszug vermieterfreundlich renovieren:
Hat ein Mieter beim Auszug die Wohnung zu renovieren, so
darf er beim Streichen der Tapeten keine Farben
verwenden, die die "allgemeinen Geschmacksgrenzen
überschreiten" (hier türkis, lila, schwarz und
rot), sondern muss mit normalen Farben arbeiten, die dem
Vermieter die Möglichkeit geben, die Wohnung problemlos
weiterzuvermieten (Landgericht Berlin, 64 S 213/94)
Ein Junge
darf auch "Birkenfeld" heißen:
Eltern dürfen ihrem Jungen den Vornamen
"Birkenfeld" geben, wenn ein zweiter Name
angefügt ist, der das Geschlecht erkennen lässt. Hier
setzte sich eine Mutter mit dem Mädchennamen Birkenfeld
gegen den Standesbeamten durch und verwies auf den
vorher schon erlaubten Namen "Garfield"
(Oberlandesgericht Frankfurt am Main, 20 W 190/94).
"Sekundenschlaf"
bringt keine neue Verhandlung: Will ein Steuerzahler
eine Wiederholung seines Verfahrens erreichen, weil ein
Richter "zwar anwesend gewesen" sei,
"aber der Verhandlung wegen Übermüdung"
nicht habe folgen können, so muss er dafür
"konkrete Tatsachen" vorweisen. Die
Behauptung, ein Richter habe "teilnahmslos
gewirkt" oder sei in einen "Sekundenschlaf”
gefallen, reicht nicht aus (Bundesfinanzhof, VII R 88/
99).
Erst
bremsen, dann die Kaffeekanne retten:
Rutscht eine Kaffeekanne vom Beifahrersitz eines Pkw
unter das Bremspedal und versucht der Autofahrer, den
Behälter während der Fahrt heraufzuholen, was mit
einem Unfall endet, so hat er wegen grober Fahrlässigkeit
keinen Anspruch aus seiner Vollkaskoversicherung. Er hätte
zurückschalten und dann die Handbremse betätigen müssen
(Oberlandesgericht Köln, 26 U 49/99).
Nur 35
von 100 Tauben bekommen eine Starterlaubnis:
Ein Taubenliebhaber muss darauf achten, dass immer nur
ein Teil seiner Tiere "losflattert" (hier
wurden 35 von insgesamt 100 Tauben erlaubt), wenn
Nachbarn durch den Flügelschlag gestört werden. Außerdem
darf er die Vögel erst von jeweiligen zweiten
Feiertagen an (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) auf Tour
schicken. (Verwaltungsgericht Münster, 2 K 1412/99).
26
Stunden am Tag sind selbst bei Fleißigen zu viel:
Wenn eine Kassenärztin angibt, besonders schnell zu
arbeiten, und dass sie darüber hinaus Gespräche während
der Untersuchungen der Patienten abwickele und beides
nebeneinander abrechne, hat sie Honorar (hier: in Höhe
von 297 000 DM) zurückzuzahlen, wenn sich aus ihren
Abrechnungen eine Tagesarbeitszeit von 26 Stunden ergibt
(Sozialgericht Dortmund, S 26 KA 73/99).
Siebenjähriger
muss schadlos "rütteln" dürfen:
Der Besitzer eines Kaugummiautomaten ist
schadenersatzpflichtig, wenn er seine Geräte nicht
regelmäßig auf "Standfestigkeit" prüft. Ein
Kunde wurde verletzt, weil er für sein eingeworfenes
Geld keine Ware bekam und am Automaten rüttelte, der
daraufhin herunterfiel. Die Metallstützen waren
durchgerostet. In dem Fall bekam der Siebenjährige 7000
DM Schmerzensgeld für einen versteiften Finger
zugesprochen (Amtsgericht Frankfurt am Main, 29 C
219/00-69).
Bahnfahrer
darf Familie nicht trennen:
Schließt ein Straßenbahnfahrer die Türen und fährt
ab, obwohl erkennbar war, dass eine Mutter mit zwei
Kindern (von denen sie bereits eines in die Bahn gehoben
hatte) mitfahren möchte, so kann er wegen Nötigung
belangt werden (Amtsgericht Stuttgart, B 4 Ds 20Js
59054/ 97).
Kommune
zahlt wegen Biss nach Stromschlag:
Wegen einer unzureichend isolierten Straßenbeleuchtung
hat ein Hund in einem Fall einen Stromschlag erlitten
und "unter dem Eindruck seiner Verletzung" die
Halterin in die Hände gebissen. Hier verpflichtete der
Richter die Kommune, 1000 DM all die Verletzte zu zahlen
(Landgericht Bückeburg, 2 O 277/96).
Von zwei
Lesben mit Kind kann nur eine "Mutter" sein:
Leben zwei lesbische Frauen elf Jahre zusammen und
bekommt eine der beiden nach einer künstlichen
Befruchtung ein Kind, das von beiden großgezogen wird,
so hat nach der Trennung des Paares die ausgezogene Frau
nicht das Umgangsrecht mit dem "gemeinsamen"
Kind - auch wenn sie es "in erster Linie"
versorgt hatte (Oberlandesgericht Hamm, 1 I UF 22/00).
Ein
Bienenschwarm ist kein Grund zum Abreisen:
Auch wenn eine Pauschalurlauberin an einer
Bienenstich-Allergie leidet, ist sie nicht berechtigt,
ihren Urlaub auf Kosten des Reiseveranstalters
abzubrechen, wenn am Ferienort ein Bienenschwarm nach
drei Stunden wieder eingesammelt werden konnte - auch
wenn sie mehrfach gestochen wurde. Die "Störung"
des Urlaubs ist als "Verwirklichung des allgemeinen
Lebensrisikos" zu werten (Landgericht Frankfurt am
Main, 2/24 S 433/98).
In den
Park pinkeln kann teuer werden:
Wer in einer öffentlichen Parkanlage seine Notdurft
verrichtet, der kann mit einem Bußgeld (hier: 75 DM,
nach der Verhandlung durch das Gericht: 100 DM plus
Prozesskosten) belegt werden. Da hilft auch nicht, zur
Verteidigung anzubringen, dass "das doch jeder
macht" (Amtsgericht Düsseldorf, 302 OWi 013 Js
1047/00).
HaIbe-halbe,
wenn einer standhaft lügt:
Behaupten zwei Autofahrer, die mit ihren Fahrzeugen
zusammengestoßen sind, dass der Unfall durch Auffahren
(so der vordere) beziehungsweise durch Zurücksetzen (so
der hintere )passiert ist, und sagt auch jeweils ein
Zeuge entsprechend aus, so haben sich die Kontrahenten
den Schaden zu teilen (mit der Folge, dass auch jeder
die Hälfte des Schadens am anderen Auto zu tragen hat
und in der Haftpflichtversicherung zurückgestuft wird
(Landgericht Detmold, 2 S 19/99).
Für
Beifahrer-Fenstersturz haftet auch der Fahrer:
Lehnt sich der Beifahrer eines Autofahrers während der
Fahrt so weit aus dem Fenster, dass er schließlich
hinausstürzt, so haftet auch der Fahrer (bzw. seine
Kfz-Haftpflichtversicherung) für die Verletzungsfolgen
zu 50 Prozent, weil er in einer solchen Situation sein
Fahrzeug sofort hätte abbremsen müssen
(Oberlandesgericht Karlsruhe, 10 U 24/98).
Im
Wildgehege muss man mit wilden Tieren rechnen:
Wer in einem Wildpark Hirsche nicht wie auf den Futtertüten
vermerkt an den gekennzeichneten Stellen füttert,
sondern auf den Besucherwegen, der hat keinen Anspruch
auf Schadenersatz und Schmerzensgeld gegen den
Tierparkbesitzer, wenn ein Hirsch den Besucher
attackiert und verletzt (hier: Prellungen an Hand und
Brustkorb ) (Landgericht Coburg, 12 C 489/99).
Toilettenpause
auf dem Weg zur Arbeit ist versichert:
Arbeitnehmer, die auf dem Weg von der Arbeit wegen ihrer
"drängenden" Blase die Fahrt unterbrechen und
in einer Grünanlage ihre Notdurft verrichten, sind
dabei gesetzlich unfallversichert, wenn sie "durch
die Beschaffenheit der Örtlichkeit einer besonderen
Gefahrenquelle" ausgesetzt sind (was hier für
einen Sturz Folge: Armbruch bejaht wurde) (Sozialgericht
Gelsenkirchen, S 10 U 256/98).
Bei
sexuellen Vorlieben ist jeder sein eigener Chef:
Auch wenn ein Arbeitnehmer in einer Talkshow auftritt
und sich als Sado-Maso-Fan outet, so können seine
sexuellen Vorlieben kein Grund für den Arbeitgeber
sein, die Kündigung auszusprechen (Arbeitsgericht
Berlin, 36 Ca 30545/98).
Überschwemmt
der Hund das Klo, muss das Herrchen zahlen:
Verlässt ein Hundebesitzer für kurze Zeit seine
Wohnung und sperrt er seinen Vierbeiner im Badezimmer
ein, so kann das Herrchen keinen Schadenersatz von
seiner Hausratversicherung verlangen, wenn es dem Hund
gelingt, Toilettenpapier ins Klo zu stopfen und so oft
die Spülung zu betätigen, dass die Wohnung überschwemmt
wird (Landgericht Hannover, 19 S 1986/99).
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