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Arbeitsvertrag.de
- Zentraler Beitrag
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Stichworte:
Arbeitsvertrag, Anstellungsvertrag, Anfechtung, Aufhebung, Befristung, Klauseln, Bewerbung, Kündigung, Versetzung, Fristen, Kündigungsfristen, Probezeit, geringfügig Beschäftigte, Arbeitsvertragsmuster, Betriebsrat, Einstellung |
Auch
bei Arbeitsverhältnissen mit Arbeitern, Angestellten und Führungskräften
hat das Fehlen schriftlicher Vereinbarungen gravierende
Nachteile.
"Der
Arbeitgeber, der keinen schriftlichen Arbeitsvertrag abschließt
und es darüber hinaus entgegen § 2 Abs. 1 NachwG unterlässt,
die dort geforderte Niederschrift zu erstellen und auszuhändigen,
so dass der Arbeitnehmer für die von ihm behauptete
Lohnvereinbarung keinen Urkundenbeweis führen kann, ist im
Rahmen der Beweiswürdigung so zu behandeln, als hätte er ein
zunächst vorhandenes Beweismittel beseitigt. Das führt unter
dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung wenn schon nicht zu
einer Beweislastumkehr, so doch jedenfalls zu einer
erheblichen Erleichterung der Beweisführungslast zugunsten
des Arbeitnehmers. Der Beweis für eine streitige
Lohnvereinbarung kann dann schon als geführt angesehen
werden, wenn sie aufgrund von Indizien plausibel erscheint
(hier eine vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ausgestellte
Lohnbescheinigung zur Vorlage bei Kreditgebern)."
Landesarbeitsgericht
Köln vom 31.7.1998 - 11 Sa 1484/97, NZA 1999, 545
Vorher
hatte das LAG Köln bereits geurteilt:
"Der
Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer unter Verstoß gegen das
Nachweisgesetz (juris: NachwG) ohne "Niederschrift"
iSd Gesetzes gelassen hat, hat mit verschärfter
Substantiierung konkret dazulegen, wann, von wem und unter
welchen Umständen dem Arbeitnehmer Aufgaben zur dauerhaften
Erledigung unmissverständlich übertragen worden sind, wenn
er Unterlassungen des Arbeitnehmers in einem Bereich
behauptet, der über den Kern seines Berufsbildes hinausgeht.
Das Risiko von Missverständnissen und Unklarheiten trägt in
solchem Fall der Arbeitgeber."
Landesarbeitsgericht
Köln vom 25. Juli 1997 - 11 Sa 138/97, BB 1998, 590
Es
lohnt sich also immer, einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu
schließen.
Wenn
man sich diese Mühe schon macht, dann sollte man dies auch gründlich
und richtig tun. Leider werden in vielen Unternehmen
unreflektierte Standardformularverträge, meist vom
Steuerberater, teilweise sogar aus dem Schreibwarengeschäft
("Herlitz" oder "Brause") verwendet, die
weder die tarifliche Situation noch die betrieblichen
Notwendigkeiten berücksichtigen, unvollständig sind und dem
aktuellen Stand der Rechtsprechung nicht entsprechen.
Innovative Ansätze fehlen bei solchen Vertragssituationen völlig.
Die
Rechtsprechung aber stellt ständig neue Anforderungen an die
Vertragsgestaltung bzw. erklärt Klauseln in regelmäßigen
Abständen für unwirksam.
"Überraschende
Klauseln in Formulararbeitsverträgen und in allgemeinen
Arbeitsbedingungen werden nicht Vertragsbestandteil. Ob sich
dies aus einer analogen Anwendung von § 3 AGBG oder aus §
242 BGB in Verb mit einem allgemeinen Rechtsgedanken ergibt,
der in § 3 AGBG seinen Ausdruck gefunden hat, bleibt
unentschieden. Eine vertragliche Ausschluss-Frist wird nicht
Vertragsinhalt, wenn sie der Verwender ohne besonderen Hinweis
und ohne drucktechnische Hervorhebung unter falscher oder
missverständlicher Überschrift einordnet."
Bundesarbeitsgericht
vom 29. November 1995 - 5 AZR 447/94, BB 1996, 908-910
Das
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein meint gar:
"Mit
dem Nachweisgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie
91/533/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften in
nationales Recht umgesetzt. Diese Richtlinie will nach der ihr
vorangestellten Begründung die Arbeitnehmer besser vor
etwaiger Unkenntnis ihrer Rechte schützen. Gelten für die
Ansprüche des Arbeitnehmers umfassende Verfallsfristen, die
die gesetzlichen Verjährungsfristen wesentlich
unterschreiten, handelt es sich um eine wesentliche
Vertragsbedingung i.S. des § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG. Der
Arbeitgeber muss solche Verfallsfristen deshalb in den
Nachweis aufnehmen (ebenso: Koch in Festschrift für Schaub,
1998, S. 421 ff., 437). (...) Dies gilt auch dann, wenn die
Verfallfrist in einem für allgemeinverbindlich erklärten
Tarifvertrag enthalten ist, der normativ auf das Arbeitsverhältnis
einwirkt."
Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein vom 8. Februar 2000 - 1 Sa 563/99, NZA-RR
2000, 196
Die
Rechtsprechung fordert demnach sogar, dass Ausschlussfristen,
die bereits aufgrund allgemeinverbindlicher Tarifverträge Gültigkeit
beanspruchen können, im Arbeitsvertrag noch einmal ausdrücklich
und wortwörtlich aufgeführt sein müssen. Die Rechtsprechung
hat erhebliche Konsequenzen, führt sie doch dazu, dass ein
Arbeitgeber damit rechnen muss, Jahre nach dem Ausscheiden
eines Mitarbeiters noch mit Ansprüchen konfrontiert zu werden
wie Entgelt, Überstundenentgelt, Erstellung oder Berichtigung
des Arbeitszeugnisses u.ä.
Aber
auch für Arbeitnehmer hat der Arbeitsvertrag eine erhebliche
Bedeutung durch die Dokumentationsfunktion. Arbeitnehmer
sollten daher auch für eine Aktualisierung sorgen, wenn im
Laufe des Arbeitsverhältnisses Zusatzvereinbarungen getroffen
werden: Im Streitfalle lassen sich Überstundenvereinbarungen,
Sonderzahlungen, Kosten des Dienstfahrzeuges etc. nur
beweisen, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht.
Fazit:
Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist nicht nur Pflicht,
sondern Kür. Er hilft bei der Vermeidung späteren, unter
Umständen sehr teueren Streits.
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