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Michael W. Felser

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Stichworte:

Arbeitsvertrag, Anstellungsvertrag, Anfechtung, Aufhebung, Befristung, Klauseln, Bewerbung, Kündigung, Versetzung, Fristen, Kündigungsfristen, Probezeit, geringfügig Beschäftigte, Arbeitsvertragsmuster, Betriebsrat, Einstellung

 
Auch bei Arbeitsverhältnissen mit Arbeitern, Angestellten und Führungskräften hat das Fehlen schriftlicher Vereinbarungen gravierende Nachteile.
"Der Arbeitgeber, der keinen schriftlichen Arbeitsvertrag abschließt und es darüber hinaus entgegen § 2 Abs. 1 NachwG unterlässt, die dort geforderte Niederschrift zu erstellen und auszuhändigen, so dass der Arbeitnehmer für die von ihm behauptete Lohnvereinbarung keinen Urkundenbeweis führen kann, ist im Rahmen der Beweiswürdigung so zu behandeln, als hätte er ein zunächst vorhandenes Beweismittel beseitigt. Das führt unter dem Gesichtspunkt der Beweisvereitelung wenn schon nicht zu einer Beweislastumkehr, so doch jedenfalls zu einer erheblichen Erleichterung der Beweisführungslast zugunsten des Arbeitnehmers. Der Beweis für eine streitige Lohnvereinbarung kann dann schon als geführt angesehen werden, wenn sie aufgrund von Indizien plausibel erscheint (hier eine vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ausgestellte Lohnbescheinigung zur Vorlage bei Kreditgebern)."

Landesarbeitsgericht Köln vom 31.7.1998 - 11 Sa 1484/97, NZA 1999, 545

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Vorher hatte das LAG Köln bereits geurteilt:

"Der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer unter Verstoß gegen das Nachweisgesetz (juris: NachwG) ohne "Niederschrift" iSd Gesetzes gelassen hat, hat mit verschärfter Substantiierung konkret dazulegen, wann, von wem und unter welchen Umständen dem Arbeitnehmer Aufgaben zur dauerhaften Erledigung unmissverständlich übertragen worden sind, wenn er Unterlassungen des Arbeitnehmers in einem Bereich behauptet, der über den Kern seines Berufsbildes hinausgeht. Das Risiko von Missverständnissen und Unklarheiten trägt in solchem Fall der Arbeitgeber."

Landesarbeitsgericht Köln vom 25. Juli 1997 - 11 Sa 138/97, BB 1998, 590

Es lohnt sich also immer, einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu schließen.

Wenn man sich diese Mühe schon macht, dann sollte man dies auch gründlich und richtig tun. Leider werden in vielen Unternehmen unreflektierte Standardformularverträge, meist vom Steuerberater, teilweise sogar aus dem Schreibwarengeschäft ("Herlitz" oder "Brause") verwendet, die weder die tarifliche Situation noch die betrieblichen Notwendigkeiten berücksichtigen, unvollständig sind und dem aktuellen Stand der Rechtsprechung nicht entsprechen. Innovative Ansätze fehlen bei solchen Vertragssituationen völlig.

Die Rechtsprechung aber stellt ständig neue Anforderungen an die Vertragsgestaltung bzw. erklärt Klauseln in regelmäßigen Abständen für unwirksam.

"Überraschende Klauseln in Formulararbeitsverträgen und in allgemeinen Arbeitsbedingungen werden nicht Vertragsbestandteil. Ob sich dies aus einer analogen Anwendung von § 3 AGBG oder aus § 242 BGB in Verb mit einem allgemeinen Rechtsgedanken ergibt, der in § 3 AGBG seinen Ausdruck gefunden hat, bleibt unentschieden. Eine vertragliche Ausschluss-Frist wird nicht Vertragsinhalt, wenn sie der Verwender ohne besonderen Hinweis und ohne drucktechnische Hervorhebung unter falscher oder missverständlicher Überschrift einordnet."

Bundesarbeitsgericht vom 29. November 1995 - 5 AZR 447/94, BB 1996, 908-910 

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein meint gar:

"Mit dem Nachweisgesetz hat der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 91/533/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaften in nationales Recht umgesetzt. Diese Richtlinie will nach der ihr vorangestellten Begründung die Arbeitnehmer besser vor etwaiger Unkenntnis ihrer Rechte schützen. Gelten für die Ansprüche des Arbeitnehmers umfassende Verfallsfristen, die die gesetzlichen Verjährungsfristen wesentlich unterschreiten, handelt es sich um eine wesentliche Vertragsbedingung i.S. des § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG. Der Arbeitgeber muss solche Verfallsfristen deshalb in den Nachweis aufnehmen (ebenso: Koch in Festschrift für Schaub, 1998, S. 421 ff., 437). (...) Dies gilt auch dann, wenn die Verfallfrist in einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag enthalten ist, der normativ auf das Arbeitsverhältnis einwirkt."

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein vom 8. Februar 2000 - 1 Sa 563/99, NZA-RR 2000, 196

Die Rechtsprechung fordert demnach sogar, dass Ausschlussfristen, die bereits aufgrund allgemeinverbindlicher Tarifverträge Gültigkeit beanspruchen können, im Arbeitsvertrag noch einmal ausdrücklich und wortwörtlich aufgeführt sein müssen. Die Rechtsprechung hat erhebliche Konsequenzen, führt sie doch dazu, dass ein Arbeitgeber damit rechnen muss, Jahre nach dem Ausscheiden eines Mitarbeiters noch mit Ansprüchen konfrontiert zu werden wie Entgelt, Überstundenentgelt, Erstellung oder Berichtigung des Arbeitszeugnisses u.ä.

Aber auch für Arbeitnehmer hat der Arbeitsvertrag eine erhebliche Bedeutung durch die Dokumentationsfunktion. Arbeitnehmer sollten daher auch für eine Aktualisierung sorgen, wenn im Laufe des Arbeitsverhältnisses Zusatzvereinbarungen getroffen werden: Im Streitfalle lassen sich Überstundenvereinbarungen, Sonderzahlungen, Kosten des Dienstfahrzeuges etc. nur beweisen, wenn ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht.

Fazit: Ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist nicht nur Pflicht, sondern Kür. Er hilft bei der Vermeidung späteren, unter Umständen sehr teueren Streits.

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